KURZE GESCHICHTE DER ELITE-WERKE BRAND-ERBISDORF
Das Münzgesetz vom 9. Juli 1873 schreibt definitiv die Einführung der Goldwährung und des Marksystems ab 1. Januar 1876 im Deutschen Reich vor.
In Sachsen erfolgt dies bereits ein Jahr früher. Silber verliert seinen Stätus als Währungsmetall und das hat langfristig gravierende Auswirkungen
auf den Silbererzbergbau im Brander Revier, zumal in den folgenden Jahren auch verstärkt Billig-Importe an Silber auf den deutschen Markt drängen.
Immer mehr Bergleute verlieren ihre Arbeit, da die Gruben auf Grund der sich stetig verschlechternden Ertraglage schließen,
bzw. den Abbau zurückfahren. Das Steueraufkommen der Gemeinde geht zurück. Eine aktive Industrieansiedlungspolitik der Gemeinde setzt ein,
um neue Arbeitsplätze zu schaffen und die Gemeindekasse aufzufüllen.
Im Jahre 1912 gelingt es Bürgermeister Zwingenberger, die Firma Emilie Luders, Maschinenfabrik für den Automobilbau, aus Berlin-Weißensee,
für die Ansiedlung in Brand-Erbisdorf an der Dammstraße (Grundstück verzeichnet im Grundbuch von Erbisdorf auf Blatt 360) zu gewinnen.
Diese Firma, eingetragen am 1.9. Juni 1907 ins Handelsregister beim Königlichen Amtsgericht in Berlin-Mitte, Abteilung A,unter der Nr. 30461,
stellt im wesentlichen Automobilmotoren und Zubehörteile her. Die Auskünfte, die Bürgermeister Zwingenberger über Emilie Luders
(in einigen Quellen auch Lüden) und den Mitinhaber Adolf Levin einholt, beschreiben diese als vermögend, geschäftsgewandt und tüchtig
(u.a. .Auskunflei W. Schimmelpfeng). Adolf Levin steigt noch in der Phase der Übersiedlung mit Wirkung vom 1. Mai. 1913 als aktiver Gesellschafter aus.
Seine Einlagen verbleiben als Kommanditkapital in der Firma, sie wird somit eine Kommanditgesellschaft [Luders KG].
Die Stadt erhält ein Staatsdarlehen von 100 000 Mark zugunsten der Firma, muß diese aber verpflichten, solange das Darlehen nicht zurückgezahlt ist,
mindestens 25% des Arbeitspersonals aus arbeitslosen (sich meldenden abgelegten, heißt es im Sprachgebrauch der Königlichen Amtshauptmannschaft Freiberg)
Bergarbeitern oder deren Familienangehörigen auszuwählen.
Am 29. September 1913 erwerben der Kaufmann Georg Günther aus Freiberg und der Fabrikbesitzer Jörgen Skafte Rasmussen aus Chemnitz
die Firma und wandeln sie in eine Aktiengesellschaft um. Diese wird am 10. Februar 1914 unter der Firma „Elite-Motorenwerke Aktiengesellschaft"
beim Königlichen Amtsgericht Brand-Erbisdorf registriert. Georg Günther und Gustave Emilie Luders werden zu Mitgliedern des Vorstandes bestellt.
Gegenstand des Unternehmens ist der Bau von Kraftfahrzeugen und Fahrrädern, sowie Motoren aller Art, von Maschinen und Apparaten
für den Automobilbau und andere Zwecke. Die flöhe des Stammkapitals beträgt 40000 Mark.
Die Fabrikation von Automobilkonstruktionsteilen für zahlreiche bedeutende Automobilfabriken wird in den Folgejahren zurückgefahren
und die Fertigung eigener Automobile aufgenommen. Der Elitewagen gewinnt durch seine großen Vorzüge und bewundernswerten Leistungen
zahlreiche Anhänger im In- und Ausland, berichten Zeitzeugen. Eine Vielzahl von Typen als 4-Zylinder und als 6-Zylinder wird bis 1929 fabriziert.
Die Fabrikation von Maschinen für die Schokolade-nindustrie, von der Kakaohgnin-Reinigungs- und Auslesemaschine, bis hin zu den
Walzenmaschinen für die Bearbeitung der Schokoladenmasse, wird als eine gesonderte Abteilung aufgebaut.
Dem neuen Fabrikationsprofil angepaßt, wird am 5. Februar 1917 die Firma in „Elite-Werke Aktiengesellschaft" geändert.
Im Mai des gleichen Jahres wird Georg Günther anläßlich des Geburtstages Sr. Majestät des Königs von Sachsen Geburtstages Sr. Majestät
des Königs von Sachsen zum Kommerzienrat ernannt und die Sächsische Bergzeitung vom 16. Juni (Nr.72/1917) meldet:
"Eine unerwartete Freude wurde der gesamten Belegchaft der hiesigen Elitewerke dadurch zuteil, daß Herr Direktor Günther
anläßlich seiner Ernennung zum Kommerzienrat jedem Arbeiter 20, jeder Arbeiterin 15 und den Lehrlingen 10 Mark auszahlen ließ.
Dem Werkverein der Firma stiftete er wiederum 3000 Mark."

Die zusätzliche Heeresfabrikation im 1. Weltkrieges ist sehr ertragreich, so daß man 1918 ohne weiteres in der Lage ist,
die Firma Diamantwerke Gebrüder Nevoigt AG in Reichenbrand bei Chemnitz, die Fahrräder und Strickmaschinen herstellt, zu erwerben.
Der Erwerb dieser Firma wird im Handelsregistereintrag auf Blatt 200 beim Amtsgericht Brand-Erbisdorf vom 23.08.18
wie folgt beschrieben: "Die Generalversammlung vom 11.05.1918 hat die Erhöhung des Grundkapitals
um a 400000 M (400 Aktien zu 1000 M) und b 600000 M (600 Aktien zu 1000 M) mithin auf 2 Mio Mark beschlossen."
Die 600 Aktien unter b werden zum Nennwerte den Aktionären der Diamantwerke Gebr. Nevoigt Aktiengesellschaft
in Reichenbrand b. Chemnitz gegen Übertragung des gesamten Vermögens dieser Aktiengesellschaft als Ganzes im Wege
liquidationsloser Verschmelzung nach Maßgabe des Verschmelzungsvertrages vom 22. Dezember 1917 überlassen."
Gleichzeitig wird die Firma F. H. Holtzhausen & Co.,Maschinenfabrik für Müllereimaschinen und Mühlenbau, in Nossen übernommen.
Ihr Fabrikationsprogarnm wird um Maschinen für die Seifenindustrie erweitert.
Eine Tochtergesellschaft unter der Firma "Elitewagen Aktiengesellschaft" im gleichen Jahr in Berlin gegründet,
ist ein weiteres Indiz für die wirtschaftliche Expansionskraft der Elite-Werke zu dieser Zeit. Dieses Unternehmen entwickelt sich
zu einer Spezialfabrik für elektrisch betriebene Straßenreinigungs-, Müllabfuhr-, Last- und Personenwagen.
Im Jahre 1934 bemerkt ein NS-Zeitzeuge zu dieser Entwicklung: „Wenn Günther auch nicht Pg. ist, wenn man ihm weiterhin
auch vorhalten kann, daß das Werk übermäßig groß mit Kriegsgewinnen ausgebaut ist, so bleibt doch feststehen,
daß das Werk bereits vor dein Krieg als Motorenwerk große Bedeutung hatte, denn die Elite-Wagen waren qualitativ sehr gut."
Autos und Motorräder, Fahrräder und Strickmaschinen, Maschinen für die Schokoladen- und Seifenindustrie - ein Fabrikationsprofil
von beachtlichem Format, aber es ist nicht resistent gegen die wirtschaftliche Entwicklung nach dem 1. Weltkrieg in Deutschtand.
Inflation und Wirtschaftskrise machen auch vor den Toren der Elite-Werke nicht halt. Die Zweigniederlassung in Nossen ist das erste Opfer.
Neue Eigentümerin wird 1926 die SIMON AG, die Schließung 1932 bedeutet für diesen Nossener Industriestandort den totalen Neuanfang.
Ende 1925 ist die wirtschaftliche Lage der Elite-Werke so dramatisch, daß man um staatliche Unterstützung nachsucht unter Androhung
von weiteren Bctriebseinschänkungen, bzw. Betriebsstill.egungen verbunden mit der Entlassung von 500 Arbeitern und Beamten.
Als Begründung werden besonders die dramatische Entwicklung auf dem Automobilmarkt und in der Süßwarenbranche angeführt.
Auch die Änderung der Firma in „Elite-Diamantwerke AG" im Jahre 1927, die Hervorhebung der traditionsreichen Fabrikationsmarke „Diamant",
hat keinen Einfluß auf die wirtschaftliche Situation. Dies erhofft man sich von der Adam Opel AG, die 1928 die Aktienmehrheit
der Elite-Diamantwerke AG erwirbt. Aber die Adam Opel AG, beherrscht von General Motors, sieht in erster Linie
den Konkurrenten auf dem Automobilmarkt und so ist es nicht verwunderlich, daß die Einstellung der Automobilfabrikation
in den Elite-Diamantwerken beginnt. Davon betroffen ist besonders das „Mutterwerk" Brand-Erbisdorf.
Georg Günther scheidet zum Ende des Jahres aus, bereits im Juni wird seine Berechtigung zur Alleinvertretung aufgehoben.
Im Juni 1929 wird der Sitz der Firma nach Siegmar verlegt, der Standort Brand-Erbisdorf ist nur noch Zweigniederlassung.
Der 18. Oktober 1929 wird zum bisher schwärzesten Tag der Geschichte der Elite-Dimantwerke AG,
sie muß die Zahlungen einstellen. Im Februar 1930 kommt es zu einem Vergleich.
Der Sanierung in den Folgejahren fällt die MotorTadfabrikation und die Zweigniederlassung Brand-Erbisdorf zum Opfer.
Letztere wird 1932 ganz aufgehoben und das Grundstück nebst Baulichkeiten sowie Maschinen und Anlagen zwangsversteigert.
Neue Eigentümerin wird die Commerz- und Privat-Bank AG. Diese läßt die Fabrikanlagen ausschlachten.
Text von unbekanntem Autor
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